So meistern wir den Umgang mit Rückfragen nach Präsentationen
Der Umgang mit Rückfragen prägt viele von uns seit der allerersten Präsentation. In der Schule, Ausbildung und im Studium waren es Lehrkräfte, die nach Möglichkeiten suchten, um Punkte abzuziehen. Im Berufsalltag können es kritische Führungskräfte, herausfordernde Geschäftsführungen oder überkritische Kolleginnen und Kollegen sein, die auf kleinste Unsicherheiten lauern.
Diese Darstellung ist natürlich bewusst überspitzt, aber die Frage "Wie gehe ich mit kritischen Rückfragen um?" taucht in jedem Präsentationstraining auf.
In diesem Beitrag werde ich Dir genau darauf eine Antwort geben. Wir schauen uns an, warum überhaupt kritische Rückfragen gestellt werden, wie wir uns darauf vorbereiten können und was wir (nicht) sagen sollten, wenn wir eine Antwort nicht kennen.
Gründe für kritische Rückfragen
Die genauen Motive der fragenden Person werden wir nie komplett kennen. Doch anstatt von einer feindlichen Absicht auszugehen, empfehle ich eine positivere Sichtweise: "Ich bin okay, Du bist okay." Das bedeutet, dass wir unseren Mitmenschen zunächst einmal positive Absichten unterstellen.
Meiner Erfahrung nach wollen uns die meisten Menschen mit ihren Rückfragen nicht bloßstellen oder diffamieren. In vielen Fällen steckt ehrliches Interesse dahinter. Und oft gibt es ein unausgesprochenes Motiv: "Was bedeutet das für mich?"
Viele Rückfragen folgen dem Motiv: "Und was bedeutet das für mich?”
Wenn Zuhörende eine Präsentation verfolgen, wollen sie verstehen, welche Auswirkungen das Gesagte auf ihre eigene Arbeit oder ihr eigenes Leben hat. Das erklärt, warum wir Rückfragen in vielen Fällen sogar vorhersehen können, wenn wir uns in unser Publikum hineinversetzen.
Ein weiteres Motiv für kritische Rückfragen kann auch Unsicherheit oder Unverständnis sein. Besonders wenn das Thema komplex oder fachlich anspruchsvoll ist, kann es passieren, dass das Publikum Schwierigkeiten hat, alles direkt nachzuvollziehen. Hier sind Rückfragen ein Zeichen von echtem Interesse und bieten eine Möglichkeit, Missverständnisse aufzuklären.
Vorbereitung auf Rückfragen
Natürlich können wir nie mit absoluter Sicherheit sagen, welche Rückfragen kommen werden. Aber wir können die Wahrscheinlichkeit erhöhen, indem wir uns systematisch vorbereiten. Dabei unterscheide ich zwischen der Vorbereitung ohne und mit Künstlicher Intelligenz (KI).
Unabhängig davon, für welchen Weg wir uns entscheiden, kostet die Vorbereitung Zeit. Ich finde, sie ist sehr gut investiert. Es gibt auch gute Gründe, sich gegen diese gezielte Vorbereitung auf Rückfragen zu entscheiden. Dann kann es allerdings sein, dass die eine oder andere Rückfrage nicht beantwortet werden kann. Wir werden später sehen, dass selbst das kein Beinbruch ist.
KI spielt auch im Bereich Kommunikation eine große Rolle - zum Beispiel bei der Vorbereitung auf Rückfragen
Vorbereitung ohne Künstliche Intelligenz (KI)
Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass der Respekt vor Rückfragen mit zunehmender Erfahrung abnimmt. Mein erster Tipp lautet also: Sammle Erfahrung.
Das hilft uns aber nur bedingt bei einer unmittelbar anstehenden Präsentation. Deshalb gibt es eine Abkürzung: Wir können mit erfahreneren Personen sprechen, die die Zielgruppe und das Format bereits kennen. Besonders wertvoll ist es, direkt ausgewählte Zuhörerinnen und Zuhörer nach ihren Erwartungen zu fragen. Das ist eine Strategie, die ich selbst vor meinen Trainings nutze.
Ein weiterer Tipp ist, frühere Präsentationen zu analysieren. Welche Rückfragen wurden dort häufig gestellt? Gibt es wiederkehrende Themen oder typische Unklarheiten? Wer das für sich selbst systematisch reflektiert, kann langfristig aus jeder Erfahrung lernen und wird immer sicherer im Umgang mit kritischen Fragen.
Vorbereitung mit Künstlicher Intelligenz (KI)
Viele von uns nutzen KI bereits im Arbeitsalltag. Ich verwende sie zum Beispiel für Brainstormings, Sparrings oder die Vorbereitung von Visualisierungen für Präsentationen. KI kann uns auch helfen, Rückfragen zu antizipieren.
Ein Beispiel: Kürzlich fragte ich ChatGPT, welche Rückfragen ich in einem Präsentationstraining mit jungen Beraterinnen und Beratern einer Medienagentur erwarten könnte.
Etwas allgemeiner formuliert könnte ein solcher Prompt für Dich wie folgt lauten. Du kannst die Formulierung gerne übernehmen und musst nur die eckigen Klammern entsprechend anpassen:
"Ich bin [Deine Rolle] und halte eine Präsentation zu [Thema] vor [Zielgruppe]. Mein Ziel ist es, [Dein Ziel]. Nenne mir 20 Rückfragen, auf die ich mich vorbereiten sollte."
Alternativ können wir sogar die visualisierte Präsentation hochladen und analysieren lassen. Dies bietet sich insbesondere an, wenn wir sicherstellen wollen, dass unsere Inhalte verständlich und prägnant formuliert sind. Allerdings empfehle ich Dir diesen Schritt nur, wenn es keine datenschutzrechtlichen Bedenken gibt.
Üben der Antworten auf potenzielle Rückfragen
Egal ob mit oder ohne KI vorbereitet: Jetzt haben wir eine Liste mit möglichen Rückfragen. Der entscheidende Schritt ist nun, unsere Antworten zu üben.
Wichtig ist dabei: Wir beantworten jede Frage laut, als wären wir gerade vor Publikum. Wer nur im Kopf überlegt, simuliert die echte Situation nicht realistisch genug. Fehlen uns Informationen, können wir sie gezielt nachrecherchieren. Noch effektiver wird es, wenn wir uns beim Antworten aufzeichnen und die eigene Wirkung analysieren.
Zusätzlich kann es helfen, sich in kleinen Gruppen oder mit einer vertrauten Person zu üben. Hier können wir Feedback erhalten und alternative Antwortstrategien diskutieren. Dies steigert nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Fähigkeit, flexibel und spontan auf Rückfragen einzugehen.
Zeit zum Nachdenken bei Rückfragen
Selbst mit bester Vorbereitung können wir nicht jede Antwort sofort parat haben. Hier hilft es, sich durch bestimmte Techniken Zeit zu verschaffen:
Dankbarkeit zeigen: "Danke für diese Frage." Falls die Frage scharf formuliert war, hilft das zudem, die Situation zu entspannen.
Paraphrasieren: "Wenn ich Dich richtig verstehe, möchtest Du wissen, ob..." Das gibt uns Zeit und stellt sicher, dass wir die Frage korrekt verstanden haben.
Bewusst innehalten: Eine kurze Pause signalisiert Souveränität und gibt uns die Möglichkeit, die Antwort zu formulieren.
Notizen nutzen: Ein kurzer Blick auf vorbereitete Stichpunkte kann dabei helfen, die richtige Antwort zu strukturieren.
Kenne ich die Antwort auf eine Rückfrage nicht, hilft mir vor allem Zeit
Diese vier Techniken verschaffen uns Zeit zum Nachdenken. Trotzdem kann es sein, dass uns die Antwort nicht einfallen will. Auch das ist in Ordnung. Dann empfehle ich Folgendes.
Formulierungshilfen bei unbekannten Antworten
Es ist nicht schlimm, eine Antwort nicht zu kennen. Viel wichtiger ist, dass wir professionell damit umgehen. Zwei bewährte Formulierungen sind:
"Ich habe dazu einige Gedanken, möchte sie aber vorher noch strukturieren. Ich melde mich dazu morgen."
"Das habe ich gerade nicht vorliegen, aber ich werde dazu folgendes tun: [z.B. mit einer Kollegin sprechen, eine Studie recherchieren]. Mit den Ergebnissen melde ich mich morgen."
Wichtig hierbei ist, das gegebene Versprechen einzuhalten, sonst riskieren wir einen Vertrauensverlust.
Eine weitere Strategie ist es, die Rückfrage an das Publikum zurückzugeben. Oft gibt es Personen, die bereits eine Antwort oder eine ergänzende Perspektive haben. So wird die Diskussion interaktiver und lösungsorientierter.
Andere Personen geben bei der Beantwortung von Rückragen Sicherheit
Ein klassischer Fehler ist der sogenannte "Politik-Move": Man antwortet nicht auf die gestellte Frage, sondern redet über etwas anderes. Alternativ könnten wir die Frage auch nur sehr oberflächlich beantworten. Aber auch das hilft niemandem weiter. Diese Strategie funktioniert selten, denn aufmerksame Zuhörende merken sofort, wenn eine Ablenkungstaktik genutzt wird.
Eine andere Gefahr ist die überhastete Antwort: Wer sich unter Druck gesetzt fühlt, tendiert dazu, vorschnell etwas zu sagen. Das kann unsicher wirken oder sogar inhaltlich falsch sein. Besser ist es, sich die Zeit zu nehmen, um eine überlegte Antwort zu geben.
Fazit: Souveräner Umgang mit Rückfragen ist erlernbar
Der Umgang mit Rückfragen ist kein Hexenwerk. Mit der richtigen Vorbereitung, der richtigen inneren Haltung und gezieltem Üben können wir auch kritische Fragen souverän meistern.
Die wichtigsten Erkenntnisse sind:
Kritische Rückfragen haben oft ein positives Motiv: "Was bedeutet das für mich?"
Vorbereitung ist der Schlüssel – ob mit oder ohne KI.
Übung macht uns besser – insbesondere mit konsequenter Reflexion und Aufzeichnung.
Techniken wie Dankbarkeit, Paraphrasieren und bewusste Pausen helfen bei schwierigen Fragen.
Wer diese Prinzipien beherzigt, wird Rückfragen als wertvolle Ergänzung zur eigenen Präsentation betrachten. Sie sind eine Chance, Inhalte zu vertiefen und Vertrauen beim Publikum aufzubauen. Solltest Du darüber hinaus an Nervosität leiden, habe ich einen Beitrag mit Tipps gegen Lampenfieber für Dich verlinkt.