Wie wir unsere Stimme so einsetzen, dass andere uns zuhören

Ein Kind schreit in ein Mikrofon als Titelbild für den Einsatz der Stimme.

Stellen wir uns vor, dass wir einer Person begegnen, die wir noch nicht kennen. Unsere erste Einschätzung basiert ausschließlich auf visuellen Eindrücken. Deshalb investieren wir selbst viel Zeit in unser äußeres Erscheinungsbild – Schminken, Stylen, Rasieren, Klamotten oder Augenbrauenzupfen. Daraus leiten wir Vermutungen ab, wie diese Person tickt. Soweit so gut.

Fängt sie dann an zu sprechen, können wir diese Vermutungen bestätigen oder verwerfen. Im Gegensatz zu unserem äußeren Erscheinungsbild investieren wir in der Regel kaum Zeit in die Wirkung unserer Stimme. Dabei sprechen wir pro Tag in etwa 16.000 Wörter.

Unsere Stimme bestimmt, wie überzeugend, sympathisch oder souverän wir wahrgenommen werden. Deshalb möchte ich mit diesem Beitrag die Aufmerksamkeit darauf lenken. Ich stelle fünf wesentliche Elemente der Stimme vor: Geschwindigkeit, Lautstärke, Melodie, Tonalität und Pausen. 

Unsere Stimme ist eine Kombination aus Gewohnheiten dieser fünf Elemente. Und das Schöne ist: Gewohnheiten lassen sich ändern.

1. Geschwindigkeit der Stimme – Tempo mit Bedacht einsetzen

Stellen wir uns die Geschwindigkeit unserer Sprache auf einer Skala von 1 bis 10 vor. 1 ist dabei extrem langsam, 10 unglaublich schnell. 

Die beschriebene Skala ist visualisiert als Zeichen für die Geschwindigkeit der Stimme.

So visualisiere ich die Geschwindigkeit der Stimme in meinen Trainings

Wären wir jetzt in einem Präsentationstraining, würde ich die beiden Extreme nachmachen – und das sorgt immer für Lacher, weil es so absurd wirkt. Hier musst Du es Dir nun vorstellen :-).

Die Lösung für das richtige Sprechtempo liegt nicht einfach in der Mitte. Eine gleichbleibend mittlere Geschwindigkeit kann schnell monoton wirken. Deshalb formuliere ich meine Empfehlung wie folgt: .

Je wichtiger die Aussage, desto langsamer sollten wir sprechen.

Ein häufiges Problem bei Lampenfieber und Nervosität ist, dass wir zu schnell sprechen. Unser Unterbewusstsein signalisiert uns, dass wir uns unwohl fühlen. Und wir denken, dass wir die Situation schneller hinter uns bringen können, wenn wir einfach schneller sprechen. Doch genau das macht es für unser Publikum (und uns selbst) anstrengender. Kennst Du das, wenn Personen beim Präsentieren außer Atem geraten? Ein Grund könnte sein, dass sie zu schnell sprechen und zu wenig atmen.

Wer bewusst an seiner Geschwindigkeit arbeitet, kann seine Stimme gezielt einsetzen, um Spannung zu erzeugen. So kann eine schnelle Passage Aufregung und Dynamik vermitteln, während ein verlangsamtes Tempo für Bedeutungsschwere und Nachdruck sorgt.

2. Lautstärke – Wie unsere Stimme Präsenz erzeugt

Die Lautstärke unserer Stimme vermittelt unbewusst Eigenschaften wie Autorität, Überzeugungskraft und Enthusiasmus. Auf einer Skala von Flüstern (1) bis Schreien (10) gibt es kein eindeutig optimales Level. Und genau wie bei der Geschwindigkeit kommt es hier auf Variation an. Wer immer gleich laut spricht, verliert die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer.

Nervosität kann dazu führen, dass wir leiser sprechen. Das ist das stimmliche Pendant zur Körpersprache des "Kleinmachens". Wir versuchen, weniger aufzufallen, damit wir weniger Fehler machen. Doch das Publikum muss uns gut hören können. Zu laut sollte es allerdings auch nicht werden – denn wie meine Mutter immer sagt: "Wer schreit, hat Unrecht."

Ich (ein Mann in den 30ern) hat ein Headset und einen freundlichen Gesichtsausdruck für die Stimme.

Ich habe bei meinen Moderationen meistens ein Mikrofon / Headset. Dadurch ist meine Stimme besser zu hören

Ein Trick, um die Lautstärke bewusst zu regulieren: Spreche in einem größeren Raum einmal bewusst leise und einmal laut. Spüre, wie unterschiedlich deine Stimme wirkt. Dafür empfehle ich einen Check vor der eigentlichen Präsentation. Das mache ich bei der Vorbereitung meiner Moderation für ein Event genauso.

Zusätzlich kann ein bewusster Wechsel der Lautstärke Spannung erzeugen. Ein plötzlicher Wechsel von lauter zu leiser Stimme zieht Aufmerksamkeit auf sich. Genauso kann ein kraftvolles Ende einer Aussage den Eindruck von Entschlossenheit verstärken.

3. Melodie der Stimme – Klangfarben nutzen, um Spannung zu erzeugen

Die Melodie unserer Stimme beschreibt die Variabilität der Töne, die wir verwenden. Meistens haben wir eine Tonhöhe, die sich für uns angenehm anfühlt. Doch wenn wir Aufmerksamkeit gewinnen und halten wollen, brauchen wir Abwechslung.

Hierzu eine Übung, die in Präsentationstrainings für viele Aha-Momente sorgt: Lies einen kurzen Text aus ein bis zwei Sätzen zweimal laut vor. Beim ersten Mal beginnst du mit dem tiefsten Ton und arbeitest dich nach oben. Beim zweiten Mal machst du es genau umgekehrt. Das dauert nur zwei Minuten und hilft dir, dein volles stimmliches Potenzial auszuschöpfen.

Was passiert nun, wenn wir nervös sind? Dann sprechen wir ohne Variation in unserer Stimme. So bleiben wir immer in derselben Tonlage, was dazu führt, dass das Publikum abschaltet. Wer hingegen Höhen und Tiefen bewusst einsetzt, kann gezielt Spannung und Emotionen transportieren.

4. Tonalität – Gefühle über die Stimme transportieren

Wenn ich von Tonalität spreche, meine ich die Emotionen, die beim Sprechen mitschwingen. Ein einfaches Beispiel: Versuche, mit traurigem Gesichtsausdruck "Guten Morgen" zu sagen. Und dann probiere es noch einmal – mit einem breiten Grinsen. Klingt ganz anders, oder?

Unsere Mimik beeinflusst die Stimme unmittelbar. Wenn wir nervös sind, friert unsere Gesichtsmuskulatur ein, wodurch unsere Stimme monoton wird. Die einfachste Möglichkeit, das zu vermeiden, ist ein bewusstes Lächeln. Ein Lächeln macht unsere Stimme automatisch wärmer, freundlicher und einladender. Und wer hört da nicht gerne zu?

Ich (ein Mann in den 30ern) präsentiert lächelnd. Dadurch wirkt seine Stimme freundlicher.

Bei diesem Auftritt hatte ich sichtbar gute Laune. Das hört man in der Stimme.

Emotionen transportieren sich nicht nur durch Worte, sondern durch unsere Stimme. Ein energisches "Ich bin begeistert!" klingt völlig anders als dasselbe mit müder Tonlage. Wer authentisch wirken möchte, muss Tonalität bewusst einsetzen.

5. Pausen – Die geheime Superkraft der Stimme

Pausen sind ein mächtiges Werkzeug, das viel zu selten genutzt wird. Sie helfen uns, unsere Botschaft klarer zu formulieren, weil wir auf Füllwörter verzichten. Gleichzeitig geben sie dem Publikum die Möglichkeit, das Gesagte zu verarbeiten. Wer Pausen bewusst einsetzt, erzeugt Spannung, lässt Aussagen wirken und wirkt souverän.

Warum vermeiden wir Pausen? Weil sie sich in der Situation ungewohnt anfühlen. Aber für unser Publikum sind sie angenehm. 

Pausen schaffen zudem Aufmerksamkeit. Ein plötzliches Innehalten lässt das Publikum aufhorchen. Gerade in wichtigen Momenten sorgt eine gezielte Pause dafür, dass das Gesagte mehr Gewicht erhält.

Fazit: Bewusste Stimmführung für mehr Wirkung

Unsere Stimme ist eines der mächtigsten Werkzeuge, um andere Menschen zu überzeugen, zu begeistern und in den Bann zu ziehen. Doch wir beschäftigen uns viel zu wenig mit ihr. Dabei können wir mit einfachen Techniken unsere Stimme bewusst einsetzen und verbessern:

  • Die Geschwindigkeit variieren, um Dynamik zu erzeugen.

  • Die Lautstärke anpassen, um Präsenz zu zeigen.

  • Die Melodie verändern, um Aufmerksamkeit zu erhalten.

  • Die Tonalität bewusst steuern, um Emotionen zu transportieren.

  • Pausen gezielt einsetzen, um das Gesagte wirken zu lassen.

Das Beste daran: Diese Elemente sind Gewohnheiten – und Gewohnheiten lassen sich verändern. Wer sich regelmäßig mit seiner Stimme auseinandersetzt und gezielt trainiert, wird merken, dass das Publikum plötzlich viel aufmerksamer zuhört. 

Und zum Schluss noch eine Übung, mit der Du alle Elemente trainieren kannst: Nimm Dich selbst auf. Du kannst bewusst die Geschwindigkeit und Lautstärke variieren, Dich melodisch austoben und Deine Emotionen über die Tonalität hören. Wenn Du dann noch bewusst eine Pause setzt, wirst Du merken, wie normal diese sich anhört. 


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So bereite ich mich als Moderator auf ein Event vor