10 Fähigkeiten, die wichtiger sind als eine Ausbildung zum Moderator
Sehr oft werde ich gefragt, welche Ausbildung zum Moderator ich gemacht habe. Die Antwort ist ganz einfach: keine. Denn Moderator oder Moderatorin sind keine geschützten Begriffe. Jeder kann sich so nennen. Im Gegensatz zu Berufen wie Ärztin oder Psychologe gibt es keine offiziellen Qualifikationsanforderungen für die Moderation.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass nicht jede Person einfach auf die Bühne treten und moderieren sollte. Moderation erfordert besondere Fähigkeiten, und selbst eine solide Ausbildung zum Moderator würde diese nicht automatisch garantieren. Dabei geht es nicht um die Besonderheit der einzelnen Fähigkeiten, sondern vielmehr um deren einzigartige Kombination.
In diesem Beitrag lernst Du, welche 10 Fähigkeiten ich für die Moderation als entscheidend erachte. Diese sind in meinen Augen wichtiger als jede Ausbildung zum Moderator, da sie die eigentliche Qualität einer guten Moderation ausmachen.
1. Fragen stellen – mit Tiefgang und Fokus
Eine Fähigkeit, die fast selbstverständlich erscheint: Fragen zu stellen. Doch Fragen stellen ist mehr als das Aneinanderreihen von Worten mit einem Fragezeichen am Ende. Als Moderatorin oder Moderator geht es darum, Fragen zu formulieren, die offene und tiefgehende Antworten ermöglichen, ohne unser Gegenüber in eine Richtung zu drängen.
Die besten Fragen sind offen, lassen Spielraum für Interpretationen und ermöglichen den Interviewten, ihre Expertise wirklich einzubringen. Das bewusste Entwickeln solcher Fragen ist weit wichtiger als eine formale Ausbildung zum Moderator, denn nur so entstehen interessante und spannende Gespräche.
Meiner Erfahrung nach lassen sich gute Fragen nur bedingt vorbereiten. Natürlich gibt es von mir vor jedem Interview und jeder Diskussionsrunde Leitfragen. Damit wir aber nicht wie in einem Theaterstück einfach nur ein Skript vorlesen, muss ich mir als Moderator auch mal spontan neue Fragen überlegen.
Dabei orientiere ich mich immer an diesen Tipps fürs Fragen stellen.
2. Zuhören – wirklich zuhören
Warum stellen wir als Moderator bzw. Moderatorin Fragen? Nicht, um uns selbst zu beweisen, sondern um an Wissen und Erfahrungen anderer teilzuhaben – für uns und das Publikum. Diese Antworten wirklich wahrzunehmen, ist essenziell. Zuhören, um zu verstehen und nicht nur, um zu reagieren, ist der Kern dieser Fähigkeit. Eine Ausbildung zum Moderator vermittelt oft grundlegende Techniken, aber echtes, aktives Zuhören ist eine Kunst, die tiefes Interesse und Empathie erfordert.
Diese Fähigkeit hilft uns nicht nur bei der Moderation, sondern in vielen anderen Situationen im Leben ebenfalls.
3. Empathie – unsere Mitmenschen im Blick
Menschen, die auf der Bühne Platz nehmen, bringen nicht nur ihre Expertise, sondern auch ihre Persönlichkeit und Gefühle mit. Als Moderatorin bzw. Moderator brauchen wir ein feines Gespür für das Timing und die richtige Tonalität einer Frage.
Empathie erlaubt es, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen und Fragen so zu stellen, dass sie gut aufgenommen werden. Besonders schwierig ist, dass diese individuellen Bedürfnisse häufig nicht ausgesprochen werden. Wir müssen sie in der Moderation trotzdem wahrnehmen.
Empathie kann in einer Ausbildung zum Moderator angesprochen werden, doch die Sensibilität für den richtigen Umgang mit Menschen entwickelt sich meist in der Praxis.
4. Struktur – die Themen sortieren
Besonders bei Diskussionen ist es schwierig, den roten Faden beizubehalten, wenn verschiedene Themen gleichzeitig aufkommen. Ein guter Moderator oder eine Moderatorin sorgt dafür, dass ein Thema vollständig behandelt wird, bevor das nächste angesprochen wird.
Strukturierte Gespräche erfordern daher einen genauen Plan und klare Richtlinien, die dem Publikum Orientierung geben. Solche Themen können wir in der Ausbildung zum Moderator zwar theoretisch lernen, aber es braucht Erfahrung und Übung, um eine Diskussion souverän zu leiten.
5. Gesprächsführung – das Ziel im Auge behalten
Eine Moderation hat immer ein Ziel, das in den meisten Fällen darin besteht, die Erwartungshaltung des Publikums zu erfüllen. Es kann jedoch vorkommen, dass Gesprächspartner und Expertinnen eigene Ziele verfolgen. Zum Beispiel das Produkt eines Unternehmens zu promoten.
In der Rolle der Moderation gilt es dann, im Interesse des Publikums zu handeln und das Gespräch behutsam auf Kurs zu halten. Diese Fähigkeit, die Erwartungen des Publikums zu erfüllen, ist weit wichtiger als jede Ausbildung zum Moderator.
Hier findest Du 11 konkrete Tipps für eine bessere Gesprächsführung in jeder Lebenslage.
6. Objektivität – die Diskussion neutral lenken
In der Moderation ist Objektivität entscheidend. Eine Moderatorin oder ein Moderator, der eigene Meinungen einfließen lässt oder eine Person ins Lächerliche zieht, gefährdet die Glaubwürdigkeit der gesamten Veranstaltung.
Bei einem Event neulich hat die Moderatorin bei einer inhaltlichen Aussage einer Expertin angefangen zu lachen und sich darüber lustig gemacht. Das ist ein absolutes No-Go. Auch ChatGPT sieht das so:
Die Hauptaufgabe einer Moderation ist es, Diskussionen strukturiert und neutral zu lenken.
Objektivität in der Gesprächsführung ist eine Fähigkeit, die nur in der Praxis verfeinert werden kann – mehr noch als durch eine Ausbildung zum Moderator. In der Praxis kann es nämlich ziemlich schwierig sein, die eigene Meinung zu verbergen.
7. Flexibilität – auf das Unerwartete vorbereitet sein
Flexibilität ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die Moderator:innen mitbringen müssen. Zeitpläne können sich ändern, wenn Personen zu spät kommen oder das Publikum mehr Zeit für eine Pause braucht. Als Moderator bzw. Moderatorin müssen wir auf solche Situationen vorbereitet sein.
Außerdem kann es vorkommen, dass Personen Fragen ausweichen, längere Antworten geben oder in Konflikte geraten. Eine Ausbildung zum Moderator bereitet uns oft nur bedingt auf solche Unwägbarkeiten vor. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gehören daher zu den entscheidenden Fähigkeiten für die Moderation.
In solchen Situationen hat mir immer mein Gespür geholfen. Glücklicherweise habe ich in den meisten Situationen intuitiv richtig gehandelt.
8. Auffassungsgabe – das Wesentliche erkennen
Ein verbreiteter Irrtum ist, dass Moderatorinnen und Moderatoren sich in jedem Detail des Themas auskennen müssen. Das ist jedoch gar nicht notwendig.
Stattdessen sollten sie den Kontext und die Antworten gut genug verstehen, um daraus passende Folgefragen abzuleiten. Dieser Punkte wird von Organisations-Teams oft überschätzt, sodass nach Expertinnen und Experten für die Moderation gesucht wird. Dabei geht es vielmehr darum, die richtigen Fragen zu stellen und das Publikum auf eine Reise durch das Thema mitzunehmen.
9. Ausdrucksfähigkeit – klar und lebendig kommunizieren
Ein guter Moderator bzw. eine gute Moderatorin zeichnet sich durch klare, einfache und verständliche Sprache aus. Lange Sätze, Füllwörter oder ein monotones Sprechtempo mindern die Qualität jeder Moderation.
Vielmehr sollte die Stimme lebendig sein – mal lauter, mal leiser, mit Betonungen und Pausen. Das schafft Abwechslung und bindet das Publikum. Eine Ausbildung zum Moderator kann dabei helfen, aber letztlich wird die Ausdrucksfähigkeit vor allem durch Erfahrung geschärft und verfeinert. Ich persönlich bin beispielsweise kein großer Fan von Füllwörtern. Deshalb habe ich einen ganzen Beitrag dazu geschrieben, wie wir Füllwörter abtrainieren können.
10. Körpersprache – das Unsichtbare sichtbar machen
Auch die Körpersprache spielt eine entscheidende Rolle. Eine offene und freundliche Körpersprache hilft, Vertrauen beim Publikum aufzubauen und zeigt Transparenz. Die Hände sollten sichtbar sein, und verschränkte Arme und Beine sollten vermieden werden.
Selbst wenn das Publikum uns nur hört, wie in einem Podcast, kann Körpersprache durch Stimme und Tonfall mitschwingen. In der Moderation geht es darum, mit den eigenen Gesten und der gesamten Ausstrahlung eine offene Atmosphäre zu schaffen.
Auch über die Kunst der Körpersprache habe ich einen eigenen Beitrag geschrieben.
Fazit- Fähigkeiten statt Ausbildung zum Moderator
Die Fähigkeit, auf einer Bühne präsent zu sein und ein Gespräch souverän zu leiten, kann nicht allein durch eine Ausbildung zum Moderator vermittelt werden. Wichtiger sind die Soft Skills und die Erfahrung, die eine gute Moderation ausmachen.
Natürlich kann eine Ausbildung zum Moderator Grundkenntnisse bieten, aber das, was eine Moderation wirklich erfolgreich macht, sind Fähigkeiten wie Empathie, Flexibilität und Ausdrucksstärke.
Ein guter Moderator bzw. eine gute Moderatorin bringt die Balance zwischen Professionalität und Menschlichkeit mit und schafft es, das Publikum in den Bann zu ziehen, weil er oder sie authentisch ist. Alle, die sich für diesen Beruf interessieren, sollten daher an diesen Fähigkeiten arbeiten – sie sind das wahre Handwerkszeug, das jede Moderation einzigartig und erfolgreich macht.